Kambodscha hat Angkor Wat, Myanmar hat Bagan und Java hat Borobudur. Während Angkor Wat und Bagan jedoch enorme Tempelkomplexe mit mehreren Hunderten von kleineren Tempeln sind, gilt Borobudur als größter buddhistischer Einzeltempel der Welt. Borobudur ist ein Relikt aus der vorislamischen Zeit in Java. Die beste Tageszeit, um Borobudur zu erleben, ist – wie sollte es anders sein – der frühe Morgen. Also stehe ich wieder zur unchristlichen Zeit auf und lasse mich um 6 Uhr morgens vor diesem Wahnsinns-Ding abladen.
Ich hätte mir fast gewünscht, noch früher aufgestanden zu sein. Nicht unbedingt, weil bereits einige Touristen da sind. Aber es muss der Wahnsinn sein, kurz vor Sonnenaufgang hier zu sein. Borobudur ist wunderschön und einfach gewaltig. Der komplett von Dschungel überwucherte Tempel wurde irgendwann ausgegraben in jahrelanger Arbeit von der UNESCO restauriert.
Das Beeindruckendste für mich ist, wie Borobudur sich in die Landschaft einfügt. Ein enormer, komplett aus Stein gebauter Tempel, mitten im tropischen Dschungel. Ein riesiges Kunstwerk.
Schwaden von Morgennebel ziehen durch die Baumwipfel, am Horizont erhebt sich der Merapi Vulkan, dessen Gipfel in einer kleinen weißen Wolkendecke steckt. Zwischen den riesigen Stupas auf der höchsten Ebene des Tempels thront ein steinerner Buddha und „blickt“ auf das Naturspektakel. Dieser Ort ist magisch. Wie konnten Menschen so etwas vor mehr als 1.000 Jahren nur bauen?!
Es ist sehr empfehlenswert, sich einen Guide zu nehmen, denn die Hintergründe und Geschichten über Borobudur sind wirklich interessant und teilweise rührend. Jedes der in den Stein eingearbeiteten Bilder erzählt seine eigene kleine Geschichte. Je höher man sich im Tempel vorarbeitet, desto mehr Lehren sollte man erfahren haben. Die Ankunft auf der obersten Ebene des Tempels steht symbolisch für das Erlangen der spirituellen Erleuchtung (hat bei mir leider nicht funktioniert).
Unser Guide sagt er sei zwar offiziell Moslem (wie fast alle Javaner), aber er fühle sich gleichzeitig auch als Buddhist, denn seine ganze Familie sei eng mit der buddhistischen Vergangenheit und spirituellen Bedeutung von Borobudur verbunden. Mit seiner Erzählung hat er uns alle beeindruckt.
Ich wäre gern ein Paar Tage in der wunderschönen Gegend von Borobudur geblieben, aber leider geht meine Zeit in Java zu Ende und ich muss am nächsten Tag von Yogyakarta abreisen. Borobudur Teil 2 ist jedenfalls für die nächste Java-Reise vorgemerkt.