Bali – exotische Insel im indischen Ozean, endlose Traumstrände, faszinierende Unterwasserwelt, mystische Tempel und wunderschöne Reisterrassen. Eines der letzten verbliebenen Paradiese dieser Welt. So oder ähnlich verkauft es die Tourismusindustrie. Die Realität in Kuta schaut etwas anders aus. Auf meine Ankunft in Bali wurde ich schon von vielen „vorbereitet“.
„Die Taxifahrer zocken dich ab! Sieh zu dass sie den Taxometer anmachen!“
„Alle quatschen dich an und wollen dir was andrehen. Sonnenbrille auf und keine Reaktion zeigen, einfach weitergehen!“
„Du musst auf Bali wegen jedem Mist feilschen. Die wollen dir ihr Zeug zum zehnfachen Preis verkaufen!“
„Bleib bloß nicht in Kuta. Sieh zu dass du so schnell wie möglich da rauskommst!“
„Kuta ist laut und dreckig, im Wasser schwimmen Flipflops, Plastikflaschen und Müll herum!“
Da wir meine Vorfreude auf Bali ja noch viel größer!
Diese gutgemeinten „Warnungen“ treffen zu und auch wieder nicht. Um den Kulturschock etwas zu mildern, gehe ich für die ersten zwei Nächte in ein Hostel nach Seminyak (das gehört zwar auch zu Kuta, ist aber etwas ruhiger). So herzlich wurde ich noch in keinem Hostel empfangen. Alle strahlen mich um die Wette an. Man fühlt sich gleich willkommen.
O ja, Kuta ist megabusy. Das äußert sich insbesondere in einer extremen Dichte an Rollern und Mopeds und der entsprechenden Geräuschlisse. Die Balinesen fahren wie die Verrückten! Sie teilen sich zu dritt einen Roller, fahren zu mehreren nebeneinander in einer Spur, quetschen sich durch engste Gässchen, transportieren dabei bis zu zwei Surfboards und hupen als gäbe es kein Morgen. Für mich sieht das lebensgefährlich aus aber irgendwie passiert nichts, da scheint es ein System zu geben, das ich nicht kenne.
Sobald ich einen Fuß vor mein Hostel setze, höre (neben dem Rollergeknatter) nur noch das:
„Miss? You want buy Sarong? Cheap cheap for you!“
„Where are you going? You need transport?“
„Yes! Taxi? No? Maybe tomorrow?“
„Massaaaas? Manicure?“
„Yes! One Dollar!“
„You want rent surfboard? I can teach you surfing!“
Für einen höflichen Europäer ist es etwas ungewohnt, alles abzulehnen und einfach weiterzugehen. Aber die Balinesen sind einem nicht böse. Sie grüßen, sie lächeln und alles ist gut. Irgendeiner wird schon was kaufen.
Für alle, die shopping, Party und Strand wollen, muss Kuta das Paradies sein. Es gibt hier wirklich ALLES. Klamotten, Schuhe, Taschen, Schmuck, Sonnenbrillen, Kunsthandwerk, Bilder, Schnitzereien aus Holz, Kitsch, Einrichtungsaccessoires, richtig schöne Sachen, billige Fälschungen, einfach alles. Und das zu einem vernünftigen Preis (wenn man bereit ist, ein wenig zu feilschen). Würde mein Rucksack nicht schon aus allen Nähten platzen, ich würde mich hier hemmungslos dem Kaufrausch hingeben.
Partytechnisch geht in Kuta ziemlich die Post ab. Am späten Abend bebt der Boden am Kuta Square. House-Mukke dröhnt aus den Tamztempeln, hübsche leichtbekleidete Asiatinnen locken mit free drinks, Jungs bieten dir auf der Straße allerhand Substanzen an, Magic Mushrooms, Viagra, Speed… Auf Drogenbesitz steht in Indonesien Knast und im schlimmsten Fall Todesstrafe. Mushrooms scheinen hier nicht in die Kategorie Drogen zu fallen. Ich bin unterwegs mit Sanja, die schon fast jeden Club hier durchprobiert hat. Mich törnt das hier überhaupt nicht an. Bin ich schon so alt? Für Recherchezwecke muss ich aber dennoch in eine der Discos rein: Fünfundachtzig verschiedene Floors, Kinder-Tekkno, Gogo-Tänzerinnen, Feuershow und überall schwer angetrunkene Urlauber. Nach zehn Minuten reicht es auch. Alles tausendmal gesehen. Vor über zehn Jahren hätte ich es vielleicht supercool gefunden.
Zum Thema Strand: Der ist mehrere Kilometer lang und gerade in der Kuta-Region extrem sauber. Auch im Wasser schwimmt nichts herum, was nicht hingehört. Je weiter man in den Norden in Richtung Seminyak läuft, wird der Strand jedoch umso verschmutzter. Als umwelt- und recyclingbewußter Deutscher kommt da leichte Verständnislosigkeit auf. Können die Leute ihren Müll nicht mitnehmen? Eigentlich widersprüchlich, denn gerade Seminyak soll die gehobenere Urlaubsregion sein.
Nach den vielen australischen unberührten Traumstränden holt Kuta einen wieder in die Pauschalurlaubrealität ein. Strandliegen, Sonnenschirme und Surfbretter reihen sich kilometerlang ein. Buh, ist das häßlich (die Boards mal ausgenommen!).
Wenigstens ist man endlich von der australischen Alkohol-in-der-Öffentlichkeit-Verklemmtheit befreit. Es gibt doch nichts besseres als ein erfrischendes Bintang Pilsener zum Sonnenuntergang am Beach.
Surftechnisch ist Kuta ein netter Ort und auch für Anfänger gut geeignet. Es gibt ein paar nette Beachbreaks, die aber mega busy sind. Die Stimmung hier ist aber extrem gut und entspannt, die Surfer sind freundlich, rücksichtsvoll, grüßen nett. Das ist kein Ort, wo jeder wie besessen um seine Welle kämpft. Viele Indonesier sind im Wasser, es geht hier nur darum ein bisschen Spaß in relativ kleinen Wellen zu haben. Keine competition. I like it! Nach ein paar Wochen Surfpause lassen Muskelkater und blaue Flecken nicht lang auf sich warten!
Alles Geschmackssache, aber für mich ist Kuta besser als ihr Ruf!
Thomas Gabbert
Liebe Alexandra, nachdem ich deinen Blog diese Woche Seite für Seite durchgelesen habe, kann ich mich nur bestätigen: Du bist der Hammer und schreiben und photograhieren kannst du auch – größter Respekt!! Take care und herzliche Grüße, Thomas
Alexandra
Vielen Dank lieber Thomas! Freut mich, dass du mein Geschreibsel liest! Ganz liebe Grüße nach Hamburg